Papillion

Papillion war ein großer Trakehner. Ein Wallach mit einem Stockmaß von über 1,80 m. Nicht nur seine Größe, auch seine Optik war auffällig. Er war ein hübscher Fuchs mit vielen weißen Stichelhaaren und sah aus wie ein viel zu groß geratenes Fohlen. Papillion gehörte einem wohlhabenden und gönnerhaften Immobilienmakler und er kam zu mir, da er eine Operation im Rücken hinter sich hatte und nun mit einem Reiter mit geringem Gewicht auftrainiert werden sollte. Geplant war, dass ich Papillion einige Monate unter Aufsicht meines Reitlehrers Addi Jachmich reiten sollte, doch sein Besitzer stellte schnell fest, dass dieses sensible Pferd und ich perfekt zueinander passten. Schon nach wenigen Tagen waren der große Fuchs und ich die besten Freunde.

Papillion vertraute mir blind, er war sehr intelligent, fleißig und extrem menschenbezogen. In der Aufbauarbeit ging er mit mir oft bis an seine körperlichen Belastungsgrenzen und auch auf unseren gemeinsamen Turnieren gab dieses Pferd für mich wirklich alles. Aus den ursprünglich geplanten wenigen Monaten für die Aufbauarbeit nach seiner Operation wurden fast zwei wundervolle Jahre, die wir zusammen verbringen durften. Wir starteten auf vielen Turnieren und holten gemeinsam extrem viele Siege und Platzierungen in den verschiedensten Spring- und Dressurprüfungen.

Papillion war ein echtes Charakterpferd. Er fraß gern Äpfel, aber ausschließlich die Sorte Granny Smith. In seinen Anhänger stieg er nur ein, wenn er dazu bereit war. Zum Glück war das meistens der Fall, doch wollte er einmal nicht, hatten wir keine Chance, ihn umzustimmen. Auch anfassen ließ sich der große Fuchs nicht von jedem, er suchte sich seine Menschen aus.

Mittlerweile ritt ich noch andere Pferde von Papillions Besitzer, stellte sie auf Turnieren vor oder nahm mit ihnen an Lehrgängen teil. Unsere Wege trennten sich jedoch, als der Immobilienmakler seinen Wohnort wechselte und seine Pferde bei dem Umzug mitnahm. Papillion wurde wieder in seinem alten Stall untergebracht, in dem er zuvor bereits einige Jahre gestanden hatte. Doch dort stellte er sich in seine Box, mit dem Kopf in der Ecke und verweigerte für mehrere Tage die Nahrungsaufnahme. Auch jeden Kontakt oder Zuwendung von ihm vertrauten Personen wies er zurück.

Papillions Besitzer machte sich große Sorgen und rief mich an, denn schließlich war ich in den letzten Jahren Papillions engste Bezugsperson gewesen. Ich fuhr sofort zu Papillions neuem Stall, um nach ihm zu sehen. Als der große Fuchs mich sah, schaute er mich mit großen, vorwurfsvollen Augen an, drehte sich aus der Ecke heraus, in der er die letzten Tage verbracht hatte, und begann zu fressen. Berühren ließ er sich von mir jedoch nicht mehr. Versuchte ich es, drehte er sich sofort weg und drohte mir sogar. Heute werte ich sein Verhalten, als seine Art, sich zu verabschieden…

Papilion war ein unglaublich sensibles Pferd und er hat mich gelehrt, immer auf die körperlichen Belange des Pferdes zu achten und wie grundlegend wichtig es ist, auf den Charakter des Individuums einzugehen, denn nur so kann aus Pferd und Reiter ein echtes Team werden.

 

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